Finnland investiert in Infrastruktur - ein Überblick
April 2014

Finnland investiert in Infrastruktur - ein Überblick

Die öffentliche Hand schafft durch Investitionen Chancen für international agierende Unternehmen der Verkehrstechnologie und Energieinfrastruktur.

Die zentrale Rolle bei den öffentlichen Investitionen nimmt die Verkehrsinfrastruktur ein, und hier allen voran der Ausbau des Schienenverkehrs. Nach der offiziellen Verkehrsstrategie der Regierung sind von 2012 bis 2015 Verkehrsinvestitionen in Höhe von 1,3 Mrd. Euro vorgesehen, in den darauffolgenden Jahren bis 2022 dann weitere 3,5 Mrd. Euro.

Großprojekte im Schienenverkehr

Etwa ein Drittel der vorgesehenen Gesamtinvestitionen fließt in den Ausbau des Fernbahnnetzes. Den Löwenanteil machen drei Großprojekte aus: der Ausbau der Trasse Seinäjoki-Oulu mit Nebenstrecken (Investitionsvolumen 860 Mio. Euro, teilweise bereits im Bau), die Trasse Helsinki-Riihimäki (350 Mio. Euro, Baubeginn 2014 oder 2015) sowie die Trasse Luumäki-Imatra (380 Mio. Euro, Bau ab 2016).

Ein weiterer Investitionsschwerpunkt ist der schienengebundene Personennahverkehr in der Region Helsinki. Im Bau befinden sich der erste Abschnitt der westlichen Verlängerung der Metro (U-Bahn) sowie die neue Bahnlinie zum Flughafen. Anstehende Großprojekte sind u.a. der zweite Abschnitt der Verlängerung der Metro (Investitionsvolumen ca. 770 Mio. Euro, geplanter Baubeginn 2015) sowie der die unterirdische S-Bahn-Schleife im Zentrum Helsinkis (740 Mio. Euro, Entscheidung über den Baubeginn noch offen).

Auch außerhalb der Hauptstadtregion wird der Personennahverkehr ausgebaut. Sowohl die Stadt Turku als auch die Stadt Tampere planen die Neuschaffung eines Straßenbahnnetzes. Die Beschlüsse über die erste Bauphase sollen in beiden Fällen im Jahr 2015 gefasst werden.

In diesem Umfeld bieten sich zahlreiche Geschäftsfelder für ausländische Unternehmen. Während die reinen Bauarbeiten in der Regel von örtlichen Unternehmen am günstigsten angeboten werden können, spielen bei der Lieferung der Technologie ausländische Anbieter eine erfolgreiche Rolle. So wird derzeit die Automatisierungstechnik der Metro (Investitionsvolumen ca. 170 Mio. Euro) von Siemens geliefert. Ebenfalls Siemens erhielt im Dezember 2013 den Zuschlag für die Lieferung von 90 neuen Elektrolokomotiven (300 Mio. Euro). Die neuen Metrozüge (140 Mio. Euro) liefert die spanische CAF.

Trend zu intelligenten Verkehrstechniken

Finnland hat es sich zum Ziel gesetzt, sich an die Spitze der Entwicklung zum Einsatz intelligenter Technologien im Verkehr zu setzen. Das Strategiepapier der Regierung zum intelligenten Verkehr sieht in den Jahren 2013-2017 Investitionen in Höhe von 300 Mio. Euro in einer Reihe von Schlüsselprojekten vor.

Zu den Schlüsselprojekten gehören u.a. vereinheitlichte Leit-, Zahlungs- und Informationssysteme im öffentlichen Personennahverkehr, Verkehrsüberwachung und die Schaffung von Infrastruktur für Elektrofahrzeuge.

Den Gesamtmarkt für „Smart Traffic“ schätzt die Regierung derzeit auf etwa 300 Mio. Euro im Jahr, wovon der Löwenanteil auf Anschaffungen der öffentlichen Hand entfällt. Die entsprechenden Projekte unterfallen daher den formellen Vergabeverfahren, an denen sich auch ausländische Anbieter bereits wiederholt mit Erfolg beteiligt haben.

Betreibermodelle im Kommen

Eine öffentlich-private Partnerschaft in einem Großprojekt der Infrastruktur wurde in Finnland erstmals ab 1997 beim Bau der Landstraße Järvenpää-Lahti erprobt. Im Rahmen des Baus verschiedener Abschnitte der Autobahn E18 wurden weitere Projekte als Betreibermodell ausgeschrieben. Im Jahr 2014 wird der Abschnitt Hamina-Vaalimaa ausgeschrieben. Die Stadt Tampere erwägt für ihr neues Straßenbahnnetz ebenfalls eine öffentlich-private Partnerschaft.

Das Interesse der finnischen Behörden an den Public-private Partnerships (PPP) ist groß. Die entsprechenden Projekte werden in Zukunft noch mehr als bisher internationale Anbieter einbeziehen müssen, da die Zahl von in Frage kommenden finnischen Anbietern begrenzt ist.

So musste 2011 die Ausschreibung der Bahnstrecke Kokkola-Ylivieska als Public-private Partnership aufgegeben werden. Es waren zu wenige Angebote eingegangen. Dies war nach Einschätzung des Berichts der zentralen Straßenbehörde vom Herbst 2013 darauf zurückzuführen, dass die Ausschreibung gleichzeitig mit der Ausschreibung eines Teilstücks der E18 erfolgt war und in Finnland nicht hinreichend Ressourcen zur Verfügung standen.

Projekte im Energiesektor

Finnland arbeitet mit Nachdruck an seiner Energieinfrastruktur. Im Vordergrund steht neben der Sicherung der Energieversorgung die Erreichung der Klimaschutzziele.

Zu einer Vielzahl von Projekten führt in diesem Zusammenhang der seit 2011 gültige Einspeisetarif für Windkraftanlagen. Der Tarif, der unabhängig vom Marktpreis durch Ausgleichzahlungen der öffentlichen Hand garantiert wird, sichert neuen Windkraftwerken den wirtschaftlichen Betrieb. Die Förderung ist aber nach derzeitigem Stand auf eine Gesamtkapazität von 2500 MVA begrenzt. Dies führt dazu, dass die Entwicklung von Windkraftprojekten derzeit unter einem gewissen Zeitdruck erfolgt.

Zur finnischen Energiestrategie gehört auch die Errichtung weiterer Kernkraftwerke. Neben dem derzeit im Bau befindlichen Reaktor Olkiluoto 3 bestehen derzeit Grundsatzgenehmigungen für zwei weitere Meiler. Der Reaktor der Fennovoima Oy, der vom russischen Rosatom geliefert wird, soll im nordwestfinnischen Pyhäjoki entstehen. Der Auftrag für den Reaktor Olkiluoto 4 im westfinnischen Eurajoki wird von Teollisuuden Voima Oyj in Auftrag gegeben.

Auch das Übertragungsnetz, das in Finnland derzeit etwa 14.000 km umfasst, wird in den kommenden Jahren kräftig ausgebaut. Der Investitionsplan der Betreibergesellschaft Fingrid sieht für die Jahre 2012-2022 Neubauten von 400 kV-Leitungen auf einer Strecke von 1500 km sowie von 110 kV-Leitungen auf 1000 km vor. Auch die grenzüberschreitenden Verbindungen werden ausgebaut. Insgesamt werden im Planzeitraum etwa 1,7 Mrd. Euro in das Übertragungsnetz investiert.