Anteilserwerb in finnischen Startups
Steuerfragen für Gründer und Investoren
Juli 2017

Anteilserwerb in finnischen Startups

Steuerfragen für Gründer und Investoren

Startups werden oft mit einfachen Mitteln gegründet, müssen aber im Laufe der Zeit ihre Struktur anpassen: Personen mit wichtigem Knowhow werden am Unternehmen ebenso beteiligt wie Investoren von Risikokapital.

In Finnland ist das Startup regelmäßig in der Form der privaten Aktiengesellschaft (Oy) organisiert. Die Einbindung neuer Partner geschieht durch Übertragung von Aktien durch die Gründer oder durch Ausgabe von neuen Aktien durch die Gesellschaft.

Personen, die für das aufzubauende Unternehmen Schlüsselbedeutung haben, erhalten ihre Anteile am Startup regelmäßig ohne Zahlung eines in Geld bemessenen Kaufpreises oder gegen einen nur nominellen Preis. Bei der Gestaltung dieser Umstrukturierungen sind die steuerlichen Folgen im Auge zu behalten.

Aktienerwerb als steuerpflichtige „Schenkung“

Soweit eine Schlüsselperson Aktien ohne oder mit geringer Gegenleistung erwirbt, kann dies zum Anfall von Schenkungsteuer führen.

Nach dem Steuerrecht Finnlands greift die Schenkungsteuer nicht nur bei Schenkungen im eigentlichen Sinne ein, sondern auch bei jeder anderen Art der Vermögensübertragung, für die nicht ein dem Marktpreis entsprechender Preis gezahlt wird – jedenfalls wenn der Preis weniger als 75 % des Marktwertes beträgt.

Daher kann sowohl die Aktienübertragung als auch die Zeichnung neuer Aktien die Schenkungsteuer auslösen. Die anwendbaren Freibeträge sind in Finnland unbedeutend. Lediglich Schenkungen im Wert von weniger als 5.000,00 Euro sind steuerfrei.

Aktienübertragungen an wichtige Mitstreiter im Startup-Unternehmen können in den Anfangstagen des Startups durchaus noch unterhalb dieser Freigrenze liegen, da die Gesellschaft zunächst über kein über das Gründungskapital hinausgehendes Eigenkapital verfügt. Der tatsächliche Wert der Gesellschaftsanteile steigt aber im gleichen Maße, wie für das Unternehmen Werte und Gewinnerwartungen geschaffen werden.

Investitionsbereitschaft als Wertmaßstab

Diese Wertsteigerung manifestiert sich spätestens in dem Zeitpunkt, in dem Investoren von Risikokapital für das Unternehmen gewonnen werden können.

Beispiel: Dem Startup-Unternehmen Start Oy ist es gelungen, einen Investor zu gewinnen, der bereit ist, in die Gesellschaft 500.000 Euro für eine Beteiligung von 10 % zu investieren. Gleichzeitig soll ein Berater, der für das Unternehmen wertvolle Geschäftskontakte aufgebaut hat und dies auch in Zukunft tun soll, mit 10 % an der Start Oy beteiligt werden. Er soll hierfür den Aktiennennwert von 250 Euro zahlen.

Wenn die beiden Transaktionen im obigen Beispiel zeitnah durchgeführt werden, löst der Erwerb des Beraters Schenkungsteuer aus. Den Steuerbehörden wird es nicht zu erklären sein, dass Aktien, für die der Investor bereit ist, einen erheblichen Preis zu zahlen, im Verhältnis zum Berater weniger wertvoll sein sollen. Der Unterschied zwischen dem (durch den vom Investor gezahlten Preis dargestellten) Marktpreis und dem vom Berater gezahlten nominellen Preis wird als Schenkung angesehen werden. Die Steuerpflicht betrüge in diesem Fall 146.357 Euro.

Ob ergänzend auch noch entsprechende Steuern im Heimatland eines ausländischen Beteiligten anfallen, bestimmt sich nach den Steuergesetzen dieses Landes und eventuell vorhandenen Staatsverträgen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

Ersatzlösung über Prämien?

Die Schenkungsteuer als solche wird vermieden, wenn der neue Aktionär den vollen Marktwert zahlt. Es ist grundsätzlich möglich, dass die Gesellschaft der betroffenen Person gleichzeitig oder zeitversetzt eine vertraglich vereinbarte Prämie in gleicher Höhe zahlt, um seine Dienste für die Gesellschaft abzugelten. Damit eine solche Gestaltung steuerlich hält, muss sie allerdings wirtschaftlich begründbar sein.

In jedem Fall ist eine solche Prämie für deren Empfänger als Einkommen zu werten, das der Einkommensteuerpflicht unterfällt. Soweit der Empfänger in Finnland keinen Wohnsitz hat und die vergüteten Dienste außerhalb Finnlands geleistet wurden, würde sich die Besteuerung in der Regel allein nach dem Steuerrecht des Heimatstaates richten. Ob eine solche Gestaltung gegenüber der Schenkungsteuer günstiger ist, ist eine Frage des Einzelfalls.

Vorausschauende Gestaltung und Optionen

Damit Schlüsselpersonen an der Gesellschaft beteiligt werden können, ohne dass die beschriebenen Steuereffekte auftreten, muss deren Einbindung so früh wie möglich geschehen. Der frühestmögliche und damit günstigste Zeitpunkt zum Einstieg ist die Gründung der Gesellschaft: Wer bei der Gründung sofort Aktien zum Nominalwert zeichnet, ist für diesen Erwerb nicht steuerpflichtig.

Auch in der Zeit unmittelbar nach der Gründung und vor der Schaffung von messbaren Geschäftswerten kann ein steuerneutraler Erwerb noch möglich sein. Je nach Entwicklung des Geschäftsaufbaus und der Beteiligung von Investoren wird der steuerliche Erklärungsbedarf allerdings zusehends größer.

Soll eine Schlüsselperson eingebunden werden, ohne dass die Beteiligten einen Aktienerwerb bereits in einem solch frühen Stadium für möglich oder wünschenswert halten, so kann dem Betroffenen frühzeitig eine Option auf den späteren Aktienerwerb eingeräumt werden. In der steuerlichen Betrachtung wird der Optionspreis mit dem Marktwert der Anteile zum Zeitpunkt der Einräumung der Option verglichen, nicht mit dem zum Zeitpunkt von deren Ausübung.

In vielen Fällen wird die Option zum Zeitpunkt ihrer Gewährung noch keinen wirtschaftlich messbaren Wert haben. In diesem Fall fällt Schenkungsteuer auch dann nicht an, wenn der Marktwert der Anteile bis zur Einlösung der Option den Erwerbspreis erheblich überschreitet.

Sonderfall Arbeitnehmeroption

Die Optionslösung ist allerdings wiederum gänzlich anders zu beurteilen, wenn der Begünstigte auch mit der Gesellschaft in einem Arbeitsverhältnis steht. Für an Mitarbeiter eines Unternehmens gewährte Aktienoptionen bestimmt das finnische Steuerrecht, dass, wenn der Optionspreis im Zeitpunkt der Optionsausübung geringer ist als der Marktpreis, der so gewonnene Vorteil vollständig als steuerpflichtiges Arbeitseinkommen anzusehen ist.

Die Grenzziehung zwischen Arbeitnehmern und Unternehmern ist in Startups nicht immer leicht, gerade im Nachhinein. Auch hier ist eine vorausschauende Gestaltung und nachvollziehbare Dokumentation wichtig.