Vertragsgestaltung: Internationale Bauprojekte in Finnland
Mai 2016

Vertragsgestaltung: Internationale Bauprojekte in Finnland

Bei internationalen Turn-Key Lieferungen beansprucht das finnische Ortsrecht in erheblichem Umfang Geltung, wann immer die Baustelle in Finnland belegen ist.

Regelungen des öffentlichen Rechts wie Umwelt und Baugenehmigungen oder in Fragen des Rechtsschutzes, z.B. zum Gläubigerschutz oder Zivilprozess setzen sich auch gegen abweichende Regelungen eines gewählten fremden Rechts durch.

Lizenzen und Genehmigungen: Die einfachste Lösung ist nicht immer die beste

Die rechtzeitige Erteilung öffentlich-rechtlicher Genehmigungen, einschließlich etwa

Planungsverfahren und Baugenehmigungen

Umweltverträglichkeitsprüfung und Umweltgenehmigungen

Genehmigungen zur Erschließung eines Geländes oder im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Baumaßnahmen (Aufstellung von Baucontainern, Regelung der Beseitigung der Bauabfälle),

eventuell erforderlicher Einfuhr- und Transportgenehmigungen oder auch

für Lagerung oder Verarbeitung von sensitiven Gütern

hat neben den Auswirkungen auf die Zeitplanung und der damit verbundenen Gefahr, Vertragsstrafen wegen Verspätung zahlen zu müssen, regelmäßig auch erhebliche direkte Kostenauswirkungen.

Die eingeschalteten Subunternehmer können im Einzelfall bessere oder schlechtere Möglichkeiten als Ihr eigenes Unternehmen haben, erforderliche Genehmigungen zügig zu erwirken. Es ist daher nicht sinnvoll, die Verantwortlichkeit für die Beantragung von Genehmigungen automatisch auf Subunternehmer abzuwälzen. Folgende Aspekte sind für die zu treffende Entscheidung von Bedeutung:

Grundsätzlich ist dem Fachunternehmen der Vorzug zu geben, welches über den erforderlichen technischen Sachverstand im eigenen Haus verfügt.

Häufig kann jedoch das Verfahren beschleunigt werden, wenn als Antragsteller ein örtlich ansässiges Unternehmen auftritt.

Die anwendbaren verwaltungsrechtlichen Vorschriften können den Kreis der möglichen Antragsteller einschränken.

Viele Genehmigungen und Lizenzen können in einem stark vereinfachten Verfahren erworben werden, wenn der Antragsteller bereits über bestimmte allgemeine Lizenzen verfügt. So enthalten allgemeine Betriebsgenehmigungen oftmals auch die Genehmigung zum Transport der erforderlichen Gefahrgüter, während ein anderer Antragsteller hier ein gänzlich neues Genehmigungsverfahren einleiten müsste.

Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen kann ein Interesse an einer möglichst zentralen Durchführung der Genehmigungsverfahren begründen.

Die beste und kostengünstigste Lösung kann auch in einer maßgeschneiderten Verteilung der Verantwortlichkeiten liegen, bei welcher die interne Verantwortlichkeit und das externe Auftreten als Antragsteller durchaus auseinanderfallen können. Denkbar ist z.B. eine Situation, in der ein inländischer Beteiligter bereits über allgemeine Lizenzen verfügt, die ihm z.B. bei der Einfuhr oder Lagerung sensitiver Güter ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren ermöglichen, während ein anderer Beteiligter die Einfuhr tatsächlich plant und steuert, so dass er detaillierter über Informationen verfügt, die für die Bearbeitung der Anträge erforderlich sind.

Sicherheiten und Sachenrecht: In der Krise gilt Ortsrecht

Welche Sicherheiten sich im Konkurs des Vertragspartners durchsetzen, richtet sich nach dem Recht des Landes, in welchem das Konkursverfahren durchgeführt wird. Dies gilt unabhängig davon, welches Recht auf den Vertrag ansonsten anwendbar ist.

Ob sich zum Beispiel eine Forderungsabtretung seitens des Auftraggebers an den Hauptauftragnehmer oder ein Eigentumsvorbehalt als werthaltig erweisen, wird in einem finnischen Konkurs nach finnischem Recht beurteilt, wenn der Sitz des Schuldners oder die Belegenheit des Gegenstands in Finnland ist.

Gleichlautende Vereinbarungen im Hinblick auf Sicherheiten für geleistete Anzahlung, Erfüllung oder Gewährleistung können zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen, je nach Sitz des potentiellen Anspruchsgegners und der Belegenheit des eventuellen Sicherungsgutes (z.B. der Anlage selbst oder des auf dem Baugelände befindlichen Baumaterials).

Bei Bankgarantien ist besonders zu berücksichtigen, dass es für den Subunternehmer ein mitunter entscheidender strategischer Vorteil sein kann, wenn es ihm gelingt, bei einem örtlichen Gericht am Sitz der Bank ein vorläufiges Zahlungsverbot zu erreichen, indem er missbräuchliche Inanspruchnahme der Bankgarantie behauptet. Zumindest die zulässigen Beweismittel für dieses Eilverfahren und die prozessualen Anforderungen an den vorläufigen Nachweis des Missbrauchs richten sich nach dem jeweiligen örtlichen Prozessrecht.

Auch innerhalb der EU sind hier erhebliche Unterschiede zu verzeichnen. Der Sicherungswert einer Garantie auf erstes Anfordern kann nicht abschließend beurteilt werden, ohne dass das am Sitz der Garantiebank geltende Recht insoweit untersucht wurde.

Prozesse: Den Heimvorteil nicht überbewerten

Eine Abstimmung der Gerichtswahlklauseln innerhalb der Lieferkette kann sicherstellen, dass ein zwischen Besteller und Generalunternehmer ergangenes Urteil back-to-back auch für die Subunternehmerverträge verbindlich wird.

Mögliche Synergieeffekte bleiben teilweise ungenutzt, wenn ohne Berücksichtigung dieser Erwägungen dem Heimatforum grundsätzlich der Vorzug gegeben wird, wann immer die andere Vertragspartei dies nur akzeptiert. Die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens in Finnland (in englischer oder deutscher Sprache) sollte als ernstzunehmende Alternative in Betracht gezogen werden.