Projektfinanzierung Windkraft
November 2013

Projektfinanzierung Windkraft

Anfang 2011 ist in Finnland das Gesetz betreffend die Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen (1396/2010) in Kraft getreten. Der dort geregelte Einspeisetarif für Windenergie schafft die Voraussetzungen für die Steigerung der derzeitigen Windenergiekapazitäten auf 2500 MVA, d.h. von derzeit ca. 0,7 % auf ca. 6 % der Gesamtproduktion. Wenig beachtet worden ist die Auswirkung des Gesetzes auf das Interesse möglicher Investorengruppen und die zur Verfügung stehenden Finanzierungsmodelle. Infolge der durch das Gesetz geschaffenen Investitionsbedingungen gewinnen private in- und ausländische Investoren und mit ihnen projektbezogene Finanzierungen mehr und mehr an Bedeutung.

Der Einspeisetarif

Für den finnischen Einspeisetarif qualifizieren Windkraftanlagen ab einer Nennkapazität von 500 kVA. Es besteht keine Abnahmeverpflichtung oder ein Einspeisevorrang für Windenergie wie z.B. in Deutschland. Die Abnahme basiert auf Vereinbarungen zwischen Produzenten und Netzbetreibern.

Verwaltet wird das System von der Energiemarktbehörde. Der Betreiber erhält für die produzierte Windenergie Ausgleichzahlungen in Höhe der Differenz zwischen dem gesetzlich festgelegten Zielpreis von 105,30 € / MWh (bis Ende 2015) bzw. von 83,50 € / MWh (ab Anfang 2016) einerseits und dem 3-monatigen mittleren Marktpreis andererseits. Die maximale Förderung beträgt 12 Jahre.

Sobald 2500 MVA Kapazität installiert sind, werden weitere Projekte nicht mehr unter dem Einspeisetarif gefördert. Derzeit ist nicht mit Sicherheit abschätzbar, wann diese Kapazität erreicht sein wird. Im Hinblick auf derzeit geplante Projekte ist es jedoch wahrscheinlich, dass bereits im Jahr 2016, spätestens aber 2017/2018, die maximale Förderung weitgehend ausgeschöpft ist. Eine zügige Projektentwicklung, Finanzierung und Errichtung des jeweiligen Windparks ist daher u.U. von entscheidender Bedeutung, um noch in den Genuss des Einspeisetarifs zu kommen.

Verschiebung der Investorenlandschaft

Neue politische Entscheidungen könnten bereits in wenigen Jahren anstehen, d.h. sobald die für den Einspeisetarif vorgesehenen 2500 MVA Kapazität weitgehend ausgeschöpft sind. Ob nach dem Erreichen von 2500 MVA Kapazität weitere Projekte wirtschaftlich entwickelt werden können, hängt von zukünftigen politischen Entscheidungen ab. Für energieproduzierende Unternehmen stellt diese Abhängigkeit ein schwer kalkulierbares Geschäftsrisiko dar. Es ist daher nicht überraschend, dass z.B. Fortum, einer der führenden finnischen Energieproduzenten, in jüngster Zeit Windparkprojekte an Investmentfonds veräußert hat.

Private Investoren müssen sich dagegen um die zukünftige Entwicklung der Branche weniger Sorgen machen. Die Anlegerentscheidung ist auf das aktuelle Projekt beschränkt. Die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Projekts ist kalkulierbar, soweit für das aktuelle Projekt sichergestellt werden kann, dass der Einspeisetarif noch offensteht. Bis zum Erreichen von 2500 MVA Kapazität werden weitere Investitionen deshalb voraussichtlich überwiegend von mit privaten Investmentfonds oder institutionellen Anlegern getätigt werden, und zwar in der Regel unter Ergänzung der Mittel durch Projektfinanzierung.

Wachsende Bedeutung der Projektfinanzierung von Windkraft in Finnland

Auf dem internationalen Markt wird Projektfinanzierung seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert. In Finnland wird mit ersten Finanzierungen Neuland betreten.

In Finnland wurde erst kürzlich die bisher größte Projektfinanzierung eines Windparks in abgeschlossen. Der private Kapitalanlagefond Taaleritehtaan Tuulitehdas I gab im Juni dieses Jahres den Abschluss eines Projektfinanzierungs-Rahmenvertrages mit SEB, Nordea und Pohjola bekannt. Die genannten Banken stellen einen Kreditrahmen von 130 Mio. Euro zur Verfügung, womit dem Fond unter Berücksichtigung des Eigenkapitals ca. 190 Mio. Euro Investitionsvolumen zur Verfügung stehen. Geplant ist die Erstellung einer Windkraft-Kapazität von ca. 120 MW.

Für erfolgreiche Finanzierungsverhandlungen müssen sich der finanzierenden Bank gegenüber Produktionsmengen und Betriebskosten über die gesamte Kreditlaufzeit von etwa 12 Jahren so zuverlässig darstellen lassen, dass das Risiko einer Projektfinanzierung ohne persönliche Haftung des Kreditnehmers als tragbar erscheint.

Derzeit befinden sich On-shore-Windparkprojekte mit einer geplanten Gesamtkapazität von ca. 8000 MVA in verschiedenen Planungsstadien.

Finanzierbarkeit (Bankability) von Windkraftprojekten

Die Aufgabe von kreditsuchenden Projektentwicklern und Investoren ist es, die Leistungsfähigkeit des Projekts in einer für Geldgeber überzeugenden Weise darzustellen. Hierzu gehören insbesondere

die Darstellung der Debt Service Coverage Ratio

das Vorliegen der erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen

ein geeignetes Paket von Vertragsbeziehungen zur Sicherstellung der Projektressourcen und schließlich

das Sicherheitenpaket.

Die für die Kreditentscheidung zentrale Kreditdeckungsrelation (Debt Service Coverage Ratio) ergibt sich aus Eigenkapitalausstattung, den Einnahmeerwartungen und dem Tilgungsplan.

Die Cash-Flow-Prognose muss eine genügende Reserve vorsehen, damit die termingerechte Bedienung aller Verbindlichkeiten unter keinen Umständen fraglich erscheint (Stresstest).

Überzeugende Prognosen setzen voraus, dass die Windmessungen über mindestens ein Jahr auf dem Windparkgelände selbst durchgeführt und für das gesamte Gelände repräsentativ sind. Die Messungen sollten in einer angemessenen Höhe im Verhältnis der vorgesehenen Nabenhöhe erfolgt sein. Langzeitschwanken können über Messungen in der Nähe des Objekts analysiert werden.

Due Diligence

Eine Prognose ist nur möglich, wenn alle erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen bereits rechtskräftig vorliegen. Verbindliche Finanzierungszusagen sind vor diesem Zeitpunkt nicht zu erwarten.

Der Erfolg des Vorhabens hängt davon ab, dass alle Beteiligten (Sponsoren, Behörden, Lieferanten, Versicherungen etc.) ihre Beiträge zu den jeweils vorgesehenen Zeitpunkten vollständig und vertragsgemäß erbringen. Das bedeutet, dass

die Projektbeteiligten als zuverlässig bekannt sein müssen

die Verpflichtungen der verschiedenen Beteiligten vertraglich klar definiert sind und ausreichende Kompensation für den Fall der Vertragsverletzung vorsehen

die verschiedenen Verträge aufeinander so abgestimmt sein müssen, dass das Vertragspaket in seiner Gesamtheit die Verwirklichung des Projekts so erwarten lässt, wie dies in den Cash Flow- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen zugrunde gelegt wurde.

Die Analyse der technischen und rechtlichen Risiken lassen Banken durch eigene technische Gutachter bzw. Anwälte ihres Vertrauens vornehmen. Wenn sich bei dieser Due Diligence Probleme ergeben, kommt es in jedem Fall zu einer zeitlichen Verzögerung, eventuell verschlechtern sich die Kreditkonditionen, möglicherweise scheitert die Finanzierung sogar. Um das Risiko von Überraschungen zu minimieren, wird der zukünftige Betreiber selbst möglichst frühzeitig, jedenfalls aber vor Beginn der Finanzierungsverhandlungen, eine eigene technische und rechtliche Prüfung durchführen lassen.

Die Sicherheiten

Projektfinanzierer verzichten ganz oder teilweise auf den persönlichen Rückgriff gegen den Kreditnehmer. Daher hat das Sicherheitenpaket für die Kreditentscheidung eine besondere Bedeutung.

Die typischen Anforderungen sind:

Eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Projekts mit vorrangig haftendem Eigenkapital (Finanzierungsquote ca. 1/3 Eigenkapital zu 2/3 Projektfinanzierung)

Verpfändung der Aktien/Gesellschaftsanteile der Betreibergesellschaft

Verpfändung der Projektkonten sowie der Aktiva der Betreibergesellschaft

Verpfändung/Abtretung von Forderungen und Verträgen, insbesondere auch von Versicherungsverträgen

Verpfändung eines Bankkontos mit einer finanziellen Ausstattung, welche für die Bedienung der Tilgungs- und Zinszahlungen für mindestens 6 bis 9 Monate ausreicht.

Die Konditionen, zu welchen die Gelder aufgenommen werden können, sind umso günstiger je bessere Sicherheiten gegeben werden können. Wenn z.B. der Turbinenlieferant eine Exportgarantie mit einbringen kann, ist dies ein sehr bedeutender Beitrag für eine erfolgreiche Projektfinanzierung.

Finanzierungsangebote

Das Interesse in- und ausländischer Banken an der Finanzierung geeigneter Projekte ist groß. Als geeignet werden von Bankenseite Projekte ab einem Finanzierungsvolumen von mindestens 25 Mio. Euro angesehen. Dieses Finanzierungsvolumen setzt die Erstellung eines Windparks mit ca. 15-20 MW Kapazität voraus. Falls ein einzelner Windpark kleiner ist, kann – soweit der Investor noch weitere Projekte in Finnland verfolgt - an den Abschluss eines Finanzierungs-Rahmenvertrages gedacht werden. Wegen der hohen Transaktionskosten lohnt die Inanspruchnahme einer Projektfinanzierung aber nur, wenn es in einem überschaubaren Zeitrahmen wirklich zur Inanspruchnahme der weiteren Mittel bis etwa 25 Mio. Euro kommt.

Wettbewerb belebt das Geschäft auch im Kreditwesen. Es ist daher sinnvoll, nicht nur bei einem Finanzinstitut anzufragen. Welche Bank im Einzelfall die beste bzw. günstigste Finanzierungslösung anbieten kann, kann nur die Praxis erweisen. Dies kann im Einzelfall eine inländische oder ausländische Bank sein. Aus in- und ausländischen Banken zusammengestellte Konsortien dürften die größten Vorzüge haben. Diese können die Kenntnis des finnischen Markts mit der langjährigen Erfahrung ausländischer Institute im Bereich der Projektfinanzierung verbinden. Dies setzt aber ein entsprechend großes Kreditvolumen voraus.