Leistungsänderungen in YSE 1998-Verträgen
Januar 2019

Leistungsänderungen in YSE 1998-Verträgen

Die finnischen allgemeinen Bedingungen für Bauverträge (YSE 1998) regeln die Mehrheit der Bauverträge, die in Finnland geschlossen werden. Einer der relevantesten durch die Bestimmungen geregelten Aspekte ist, wie mit Änderüngen des Bauplans während eines Bauprojekts umzugehen ist. Abhängig von der Projektart und dem Detaillierungsgrad der Pläne, liegt die übliche Anzahl an Änderungen während eines Bauprojekts bei etwa 2-10 % des Vertragspreises.

Die am häufigsten auftretenden Arten von Streitigkeiten umfassen:

ob die verlangten Arbeiten eine Änderung darstellen,

ob die Änderungsanordnung auf Grundlage des Vertrags oder dem geltenden Recht erlaubt ist,

und schließlich der Anspurch des Unternehmers auf zusätzliche Vergütung.

Verpflichtung zur Umsetzung einer Änderung

Änderungen in der Planung, Mängel in den Plänen oder Messungen oder Änderungen der baurechtlichen Rechtslage können unter anderem die Notwendigkeit von Änderungen des Bauvertrags im Laufe des Projekts auslösen. Die YSE-Bestimmungen sehen ein Verfahren vor, das Anwendung findet, wenn der ursprüngliche Vertrag keinen Mechanismus zum Umgang mit Änderungen der Baupläne oder zusätzlichen Arbeiten enthält.

Die YSE-Bestimmungen unterscheiden zwischen Modifizierungsarbeiten und zusätzlichen Arbeiten. Modifizierungsarbeiten resultieren aus einer Änderungen eines Plans, auf den sich der Vertrag bezieht. Die Modifizierung kann entweder eine Änderung, eine Erhöhung oder eine Reduzierung der Arbeiten darstellen. Zusätzliche Arbeiten stellen andererseits Arbeiten durch den Unternehmer dar, die nicht Teil der ursprünglich vereinbarten Vertragsverpflichtungen waren. Falls die Parteien sich zum Beispiel auf die Montage von Rohrleitungen in einem Gebäude geeingt haben, würden Montagearbeiten im Hof als zusätzliche Arbeiten gelten. Andererseits könnten die Erweiterungen um weitere Rohrverbindungen der Systeme innerhalb des Gebäudes als Modifizierungsarbeiten gelten.

Im Rahmen der YSE-Bestimmungen ist der Unternehmer verpflichtet, die vom Kunden verlangten Modifizerungsarbeiten durchzuführen. Der Unternehmer könnte dies nur verweigern, wenn die verlangten Modifizierungsarbeiten die Art der Bauvertragsarbeiten bedeutend verändern würden.

Auf Grundlage der YSE-Bestimmungen hat der Unternehmer einen Anspruch auf eine Erhöhung des Vertragspreises, vorausgesetzt dass eine Erweiterung der Verpflichtungen des Unternehmers aufgrund der Modifizierung des Bauplans vorliegt. Eine solche Modifizierung muss dem Unternehmer zuerst durch den Kunden angezeigt werden. Der Unternehmer muss ein Angebot zu den Modifizierungsarbeiten unterbreiten, um eine Einigung hinsichtlich der Preisanpassung zu erzielen. Vor einer schriftlichen Einigung über den Inhalt der Modifizerung und ihrer Auswirkung auf den Bauvertrag darf mit keinen Modifizierungsarbeiten begonnen werden, es sei denn die Durchführung der betreffenden Arbeiten wurde als umstrittene Arbeiten angewiesen (siehe unten).

Die YSE-Bestimmungen enthalten keine Verpflichtung, verlangte zusätzliche Arbeiten umzusetzen. Die Parteien können sich frei auf den Preis, die Zeit der Fertigstellung und die Auswirkungen auf den Projektplan einigen. Falls keine Einigung erzielt wird, ist der Unternehmer nicht verpflichtet die zusätzlichen Arbeiten auszuführen – mit der erneuten Ausnahme der Anweisung von umstrittenen Arbeiten.

Umstrittene Arbeiten

Falls sich die Parteien uneinig sind über die Charakterisierung von Arbeiten, das heißt ob diese als Modifizierungs- oder zusätzliche Arbeiten gelten, oder falls sich die Parteien nicht einigen können über die Auswirkungen einer Modifizierung hinsichtlich des Preises und/oder des Zeitplans, sehen die YSE-Bestimmungen vor, dass der Unternehmer die verlangten Arbeiten vollenden muss, wenn der Kunde dies verlangt.

Der Gedanke dahinter ist, dass diese Uneingkeit das Projekt unter keinen Umständen gefährden sollte. Die Auswirkungen hinsichtlich der Kosten und des Zeitplans müssen dann später festgelegt werden – falls notwendig im Rahmen eines Rechtsstreits oder eines Schiedsgerichtsverfahrens.

Falls der Kunde die Durchführung der umstrittenen Arbeiten anweist, sollte der Unternehmer in jedem Fall dem Kunden ein Angebot unterbreiten hinsichtlich der Arbeiten, die der Unternehmer als zusätzlich erachtet. Dann nämlich trägt der Kunde das Risiko, dass die Arbeiten so vergütet werden, als wäre eine Einigung hinsichtlich einer angemessenen Vergütung erzielt worden.

Falls es völlig offensichtlich ist, dass die vom Kunden verlangten Arbeiten zusätzliche Arbeiten darstellen, kann der Unternehmer in manchen Fällen berechtigt sein, den Vertrag zu kündigen, statt die zusätzlichen Arbeiten auszuführen. Dies ist jedoch ein riskantes Unterfangen.

Verfahrensanforderungen

In der Praxis erweist es sich oft als schwierig, den formellen Verfahrensregeln und dem Schriftformerfordernis der YSE-Bestimmungen auf der Baustelle gerecht zu werden. Es können viele Gründe vorliegen, warum die Parteien in der Praxis von den formellen Anforderungen der YSE abweichen. Zum Beispiel kann der Projektzeitplan so knapp bemessen sein, dass es den Parteien unmöglich ist, das formelle Einigungsverfahren durchzuführen; der Kunde hat es womöglich versäumt, dem Unternehmer eine Änderung anzuzeigen; oder die Parteien haben sich mündlich auf eine Änderung geeinigt.

Falls keine schriftliche Einigung hinsichtlich des Preises der Änderung dokumentiert wurde, riskiert der Unternehmer den Verlust seines Anspruchs auf Vergütung für diese Arbeiten, selbst wenn es unstreitig ist, dass die Arbeiten Änderungen des ursprünglichen Plans darstellen.

Darüber hinaus kann der Unternehmer ohne schriftliche Vergütungsregelung unter bestimmten Voraussetzungen seinen Anspruch auf Vergütung verlieren, selbst wenn der Kunde dem Unternehmer die Änderung nicht angezeigt hat. Das Oberste Gericht hat die Verantwortlichkeit des Unternehmers betont, Änderungen zu erkennen und ggf. zu bepreisen.

Die Parteien können jedoch ein Verfahren vereinbaren, das von den YSE-Anforderungen abweicht. Ob und in welchem Umfang eine mündliche Einigung oder eine ständige Praxis im Bezug auf Vertragsänderungen auf der Baustelle Vorrang haben kann vor dem formellen Schriftformerfordernis der YSE-Bestimmungen, ist abhängig von den tatsächlichen Umständen. Die vorherige Praxis der Parteien, die Notwendigkeit der Ausführung der Arbeiten und der Nutzen der Arbeiten für den Kunden können alle von Bedeutung sein im Rahmen der Abwägung, ob vertragliche Verfahren außer Acht zu lassen sind.

Offensichtlich werden diese Erwägungen hauptsächlich im Rahmen einer nachträglichen Beurteilung relevant. Im Rahmen eines klugen Projektmanagements ist es ratsam, bereits im Vorfeld mit dem Kunden explizite Regelungen zu treffen, falls zu erwarten ist, dass es unmöglich ist den YSE-Bestimmungen (oder dem Vertrag) zu folgen.