Schiedsverfahren in Finnland
September 2019

Schiedsverfahren in Finnland

Finnische Unternehmen einigen sich häufig darauf Streitigkeiten an Schiedsgerichte statt an reguläre Gerichte zu verweisen. Nur durch die Inanspruchnahme von Schiedsverfahren können die Parteien sicherstellen, dass eine Entscheidung innerhalb eines angemessenen Zeitraums fällt und Geschäftsgeheimnisse dem öffentlichen Zugriff verwehrt bleiben.

In Finnland werden Schiedsverfahren häufiger genutzt als in anderen Ländern, wofür es viele gute Gründe gibt.

Dauer: In regulären Verfahren vor den nationalen Gerichten kann es leicht mehrere Jahre dauern bis ein Urteil gefällt wird. Einer der Hauptgründe für diese Verzögerung ist, dass das von den Gerichten angewendete Prozessrecht auf die Bedürfnisse von rechtlich nicht vertretenen Prozessparteien ausgelegt ist. Professionell vertretene Parteien möchten diese umständliche Prozedur vermeiden.

Endgültigkeit: Die Entscheidungen der staatlichen Gerichte sind immer angreifbar und in der Praxis ist es sehr selten, dass Entscheidungen in Fällen von hohem wirtschaftlichen Wert nicht angegriffen werden. Dies führt nicht nur zu einer weiteren Verzögerung der engültigen Entscheidung, sondern auch dazu, dass die Parteien gezwungen sind die gleiche Prozedur zweimal zu durchlaufen und dadurch das Geschäftsverhältnis zwischen den Parteien maximal stört. Im Gegensatz dazu sind Schiedsgerichtsentscheidungen endgültig.

Vertraulichkeit: In Finnland sind alle Gerichtsdokumente öffentlich, einschließlich der Schriftsätze an das Gericht. Die Parteien können das Gericht bitten bestimmte Dokumente geheim zu halten, jedoch ist diese Möglichkeit begrenzt und abhängig von einer Ermessentscheidung durch das Gericht. Demgegenüber ist das gesamte Schiedsverfahren vertraulich, wodurch die Geschäftsgeheimnisse der Parteien gewahrt werden.

Vollstreckbarkeit: Auf der Grundlage von internationalen Konventionen können Schiedgerichtsentscheidungen in den meisten Ländern der Welt vollstreckt werden, was hinsichtlich nationaler Gerichtsentscheidungen insbesondere im Verhältnis von Finnland zu Nicht EU-Staaten nicht der Fall ist.

Ein Schiedsverfahren kann nur auf Grundlage einer Parteivereinbarung in Gang gesetzt werden. Der beste Ort für eine Schiedsgerichtsvereinbarung ist der Vertrag, der die Grundlage der Geschäftsbeziehungen der Parteien regelt. Hinsichtlich des Schiedsverfahrens steht es den Parteien frei sich auf eine Vielzahl von Verfahrenseinzelheiten zu einigen.

In den meisten Fällen bestimmen die Schiedsgerichtsklauseln, dass sich das zu befolgende Verfahren nach den zu diesem Zweck veröffentlichten Schiedsverfahrensregelungen diverser Schiedsverfahrensorganisationen richtet, so wie der lokalen Handelskammern, der Internationalen Handelskammer in Paris (ICC) oder anderer ähnlicher Institutionen, die von Unternehmensverbänden in diversen Unternehmensbereichen gegründet wurden.

Das Schiedsverfahrensinstitut der zentralen Handelskammer Finnlands (FAI) ist die von im Streit befindlichen finnischen Unternehmen am häufigsten genutzte Institution. Das betreffende Verfahren ist relativ einfach, wobei die überwiegende Mehrheit der Fälle durch einen einzigen Schiedsrichter entschieden wird.

Insbesondere wenn Geschäftsbeziehungen ein bedeutendes grenzüberschreitendes Geschäftsvolumen beinhalten, fällt die Wahl oft auf den Internationalen Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer (ICC) mit Sitz in Paris. Sowohl das ICC Institut als auch deren Schiedsrichter sind ein wenig teurer als das finnische Schiedsverfahrensinstitut, jedoch hat das ICC ein wahrlich internationales Netzwerk an Schiedsrichterexperten, wobei der größere Maßstab des Netzwerks es leichter macht sektorenspezifische Experten für Fälle zu finden, in denen diese gebraucht werden.

In Finnland führen auch einige lokale Handelskammern ihre eigenen Schiedsverfahrensinstitute. Während deren Kosten wesentlich niedriger sind als die der zentralen Handelskammer sind deren Kontaktnetzwerke und Verfahren für lokale Streitfälle geschaffen, weshalb diese kaum geeignet sind für Verträge, die ausländische Unternehmen involvieren.