Anbieten in öffentlichen Ausschreibungen in Finnland
Mai 2025

Anbieten in öffentlichen Ausschreibungen in Finnland

Faustregeln für Bieter

Auftraggeber größerer Infrastrukturprojekte in Finnland sind in der Regel Behörden oder diesen gleichgestellte Organisationen und unterliegen daher den strengen Anforderungen des öffentlichen Vergaberechts. Die Anwendung dieser Vorschriften öffnet den Markt für grenzüberschreitende Bieter.

Aufträge, die bestimmte sektorale Schwellenwerte überschreiten (z. B. 5.538.000 EUR für Bauaufträge, 443.000 EUR für Infrastrukturplanungsleistungen) und daher für internationale Ausschreibungen von besonderem Interesse sind, werden im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Diese Bekanntmachungen können über die TED-Datenbank (ted.europa.eu) abgerufen werden.

Ausschreibungen unterhalb der jeweiligen Schwellenwerte werden ausschließlich in der finnischen HILMA-Datenbank (www.hankintailmoitukset.fi) veröffentlicht. Bieter aus allen Ländern können sich jedoch ebenfalls um diese Aufträge bewerben.

Die Strenge des Verfahrens verlangt von den Bietern eine gewisse Abkehr von der typischen Denkweise eines Geschäftsmannes:

Vollständigkeit. Das Angebot muss von Anfang an alle in der Ausschreibung festgelegten Anforderungen erfüllen. Eine nachträgliche Änderung ist nicht möglich.

Kohärenz. Enthält das Angebot widersprüchliche Angaben, kann der Auftraggeber um eine Klärung bitten – er muss es aber nicht. Die Bieter sollten damit rechnen, dass bei Widersprüchen und Unklarheiten die ungünstigsten Werte für den Angebotsvergleich herangezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn solche Werte in einer untergeordneten Anlage zum Angebot angegeben sind.

Form. Oftmals wird in der Bekanntmachung eine bestimmte Struktur für das Angebot vorgegeben oder sogar die Verwendung eines entsprechenden Formulars vorgeschrieben. Die Verwendung einer alternativen individuellen Darstellungsform durch den Anbieter ist in praktisch allen Fällen nachteilig und kann sogar zum Ausschluss von der Ausschreibung führen.

Verbesserungen? Widerstehen Sie der Versuchung, ein noch besseres Produkt als das verlangte anzubieten. Dies bringt keinen Vorteil im Ausschreibungsvergleich. Die eigenmächtige Ersetzung einer geforderten Funktionalität durch eine bessere (aber andere) Alternative führt häufig zum Ausschluss vom Ausschreibungsverfahren.

Die Bekanntmachung als Maßstab

Das Vergabeverfahren ist streng darauf ausgerichtet, die Chancengleichheit der Bieter zu gewährleisten. Daher sollten die Angebote in keiner Weise von den in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Spezifikationen abweichen.

Gelegentlich kann es vorkommen, dass Unternehmen bei der Entwicklung ihrer technischen Lösungen bereits ein höheres technisches Niveau erreicht haben als in der Bekanntmachung angegeben. Die Versuchung, die „bessere“ Lösung anzubieten, ist groß.

Anbieter mögen sich dadurch ermutigt fühlen, dass in den meisten finnischen Ausschreibungen nicht der Preis allein, sondern das Kriterium des „wirtschaftlich günstigsten Angebots“ als entscheidendes Zuschlagskriterium definiert wird. Dieses Kriterium darf jedoch nicht dahingehend interpretiert werden, dass der Bieter alle Eigenschaften und Vorzüge seines Produkts anpreisen soll. Vielmehr sind die Bewertungskriterien in den Ausschreibungsunterlagen klar spezifiziert und nach einem objektiven Punktesystem festgelegt. Mängel bei den festgelegten Kriterien können nicht durch andere Vorteile ausgeglichen werden.

Grundsätzlich lässt das finnische Vergaberecht Abweichungen von den vorgegebenen Standards zu, wenn die technischen Merkmale der angebotenen Lösung denen der geforderten Lösung entsprechen. Vergabeentscheidungen sind aber zunehmend Gegenstand von (oft erfolgreichen) Rechtsmitteln, insbesondere im Hinblick auf die Vergleichbarkeit solcher Abweichungen. Dies hat zur Folge, dass öffentliche Auftraggeber bei ihren Vergabeentscheidungen dazu neigen, Grauzonen zu vermeiden, bei denen die Gefahr besteht, dass die Entscheidung nachträglich durch ein gerichtliches Verfahren aufgehoben wird. In jedem Fall ist ein diesbezügliches Risiko für den Bieter völlig unnötig.

Verfahren der Auftragsvergabe

Bei der Auftragsvergabe handelt es sich in ihrer Grundform um ein offenes Verfahren für eine bestimmte Leistung mit einer unbegrenzten Anzahl von Bietern. Bei Infrastrukturprojekten greifen die öffentlichen Auftraggeber jedoch in der Regel auf andere Verfahren zurück.

Qualifizierung und Verhandlungsverfahren

Das häufigste Verfahren ist das Verhandlungsverfahren, bei dem zunächst eine Gruppe von Bietern vorqualifiziert wird. Mit diesen Bietern werden Verhandlungen geführt, um die Einzelheiten der technischen und kommerziellen Lösungen festzulegen, die Gegenstand der Ausschreibung sind.

Gelegentlich sind die Bieter versucht, bei der Erstellung des ersten (vorläufigen) Angebots eine etwas lockere Haltung einzunehmen. Dies kann zu Reibungen innerhalb des Verfahrens führen und im schlimmsten Fall die Ablehnung der Qualifikation zur Folge haben. Obwohl das Verfahren als „Verhandlung“ bezeichnet wird, ist es nicht mit Geschäftsverhandlungen vergleichbar, wie sie auf dem freien Markt stattfinden.

Der Bieter kann dem öffentlichen Auftraggeber während der Verhandlungen Vorschläge unterbreiten. Der Bieter kann vorschlagen, dass bestimmte Änderungen an den Angebotsdetails zu einem wirtschaftlich günstigeren Angebot führen würden.

Das vorläufige Angebot bleibt jedoch verbindlich. Spätere Änderungen können nur in dem Maße vorgenommen werden, in dem der öffentliche Auftraggeber die endgültige Ausschreibung abändert. Der Auftraggeber hat auch die Möglichkeit, die Verhandlungsphase vollständig zu überspringen und das wirtschaftlichste Erstangebot ohne Verhandlungen auszuwählen. Folglich muss das vorläufige Angebot alle Ausschreibungskriterien erfüllen und so gestaltet sein, dass der Bieter bereit ist, die Lieferung zu den angebotenen Bedingungen durchzuführen.

Wettbewerblicher Dialog und Innovationspartnerschaft

Eine besondere Form des Verhandlungsverfahrens ist der wettbewerbliche Dialog. Bei diesem Verfahren werden die vorläufigen Angebote übersprungen und vielmehr offene Verhandlungen mit den Teilnehmern darüber geführt, wie die Bedürfnisse des Auftraggebers am besten erfüllt werden können. Erst auf der Grundlage dieser Verhandlungen formuliert der Auftraggeber die eigentlichen Anforderungen und die Aufforderung zur Angebotsabgabe.

Bei der Innovationspartnerschaft geht es darum, etwas zu erwerben, das noch nicht auf dem Markt verfügbar ist. Die Produktentwicklungsphase und der Vertrag für die fertige Lösung werden in der Vergabe kombiniert. Das bedeutet, dass das Produkt, die Dienstleistung oder der Prototyp nach seiner Entwicklung direkt vom Entwickler erworben werden kann. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit kann entweder ein ganz neues Produkt oder eine Dienstleistung oder eine vollständige Änderung eines bestehenden Produkts oder einer bestehenden Dienstleistung betreffen.

Rechtsmittel gegen fehlerhafte Vergabeentscheidungen

Im Falle einer mangelhaften Auftragsvergabe können die Bieter vor dem Marktgericht klagen, wobei extrem kurze Klagefristen gelten.

In der Regel muss das Verfahren unmittelbar nach der Zuschlagsentscheidung eingeleitet werden. Wurde ein Bieter jedoch bereits durch eine vorangegangene Entscheidung (z. B. im Qualifikationsverfahren) vom Verfahren ausgeschlossen, muss diese vorherige Entscheidung unverzüglich angefochten werden.

Unter normalen Umständen muss der öffentliche Auftraggeber vor dem Abschluss der Auftragsvergabe die endgültige Entscheidung im Gerichtsverfahren abwarten. Wenn die Klage erfolgreich ist, muss die Auftragsvergabe wiederholt werden.

Insbesondere bei großen Infrastrukturprojekten wird der Auftraggeber häufig vom Marktgericht ermächtigt, die Vergabeentscheidung trotz eines anhängigen Rechtsmittels auszuführen. Wird der Vertrag ordnungsgemäß geschlossen, so wird er nicht ungültig, wenn die Vergabeentscheidung nachträglich für rechtswidrig erklärt wird. In diesem Fall hat der Antragsteller lediglich Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung. Eine solche Klage hat nur dann Erfolg, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden kann, dass die betreffende Partei den Auftrag erhalten hätte, wenn die Entscheidung korrekt gewesen wäre.

Ausschreibungen für Projektallianzen

Öffentliche Auftraggeber führen immer mehr Vergaben für große Infrastrukturprojekte in Form von so genannten Projektallianzen durch.

Eine Projektallianz basiert auf der Idee, dass die Parteien eine gemeinsame, integrierte Projektorganisation bilden, in der Risiken und Verbindlichkeiten sowie Chancen von den Parteien geteilt werden. In den letzten Jahren wurden mehrere prominente Projekte in Form von Allianzen durchgeführt, mit beträchtlichem Erfolg in Bezug auf die Projektdauer und Kosteneinsparungen.

Ein Paradigmenwechsel

Das Allianzkonzept setzt voraus, dass die Interessengegensätze zwischen dem Kunden einerseits und dem Unternehmer andererseits aufgehoben werden. Beide arbeiten bei der Planung und Durchführung des Projekts eng zusammen. Am Ende gewinnen entweder alle Parteien, oder sie verlieren alle.

Natürlich ist es immer noch der Kunde, der zahlt, und der Anbieter muss seine Leistungen erbringen. Aber die Parteien verzichten darauf, einen bestimmten Preis festzulegen, über dessen Angemessenheit dann später gestritten werden kann. Stattdessen arbeiten beide zusammen und einigen sich auf ein Kostenbudget. Im Laufe der Projektdurchführung werden dem Anbieter alle tatsächlich angefallenen Kosten vergütet, und ein bestimmter Prozentsatz wird als Aufschlag hinzugerechnet. Dieser Prozentsatz bildet das eigentliche "Preiselement" im Angebot des Lieferanten.

Das Allianzkonzept geht davon aus, dass die Interessen von Auftraggeber und Auftragnehmer aufeinander abgestimmt sind. Um dies zu erreichen, wird ein Anreizsystem geschaffen, das Boni für Kosteneinsparungen oder Übererfüllung des Arbeitsergebnisses gewährt. Es kann auch ein Malus „verdient“ werden, z. B. bei Kostenüberschreitungen oder Verzögerungen.

Frühere Investition

Von den Mitgliedern der Allianz wird erwartet, dass sie erhebliche Ressourcen für das gemeinsame Projektmanagement bereitstellen. Die meisten Entscheidungen sollen einstimmig getroffen werden. Von den gemeinsamen Entscheidungsorganen wird erwartet, dass sie alle Fragen zügig klären. Die in Finnland gebräuchlichen Allianzvertragsmodelle sehen wiederum einen fast vollständigen Ausschluss von Rechtsmitteln für beide Seiten vor.

Das Allianzkonzept löst am Markt zuweilen beachtlichen Enthusiasmus aus. Es liegt auf der Hand, dass das Modell in der Lage ist, ein Kooperationsumfeld zu schaffen, in dem alle Ressourcen auf den Erfolg des Projekts (und nicht auf die Sicherung der eigenen Rechte) ausgerichtet sind. Es ist ebenso offensichtlich, dass der gewünschte Effekt von vielen Faktoren abhängt. Die öffentlichen Auftraggeber betonen, dass die Wahl der richtigen Allianzpartner in diesem Prozess entscheidend ist.

Für die Bieter bedeutet dies, dass sie zu einem früheren Zeitpunkt der Projektlaufzeit mehr Ressourcen in das Bieterverfahren investieren müssen. Der Bieter muss den Auftraggeber davon überzeugen, dass er in der Lage sein wird, im Rahmen des Allianzmodells produktiv mitzuarbeiten. Er muss seine eigene Vision des Projekts darlegen und auch bereits ein Team von Personen präsentieren, die den Bieter in der Projektmanagementgruppe vertreten sollen.

Beteiligung als Subunternehmer

Andererseits ist nicht jede Partei, die Waren oder Dienstleistungen für das Projekt liefert, notwendigerweise ein Mitglied der „Allianz“. Letztere besteht im Allgemeinen aus Lieferanten und Planern der obersten Ebene in der Lieferkette. Es ist möglich und üblich, dass die Arbeiten an Subunternehmer vergeben werden. Diese schließen in der Regel gewöhnliche Werkverträge mit einem oder mehreren Mitgliedern der Allianz ab.

Unabhängig davon, welche(s) Allianzmitglied(er) als Vertragspartner des Subunternehmers auftritt, ist es Teil des Allianzkonzepts, dass die gesamte Allianz faktisch der Auftraggeber ist. Dies liegt daran, dass die an den Subunternehmer zu zahlenden Vergütungen als Projektkosten betrachtet werden und dem Allianzpartner, der den Subunternehmer unter Vertrag genommen hat, in voller Höhe erstattet werden (zuzüglich der Prämie des Allianzpartners). Die Auswahl der Subunternehmer und die Abstimmung der jeweiligen Vertragsbedingungen sind wiederum Teil des Entscheidungsprozesses der Allianz, wobei das Einstimmigkeitserfordernis gilt.